Psychische Belastung bei der Arbeit im Handwerksbetrieb?

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Bislang hat man sich mehr darüber Gedanken gemacht, wie körperliche, also physische Anstrengungen minimiert werden können und die Arbeit im Handwerk leichter und sicherer wird. Dabei wurde niemand so richtig müde, wenn es darum ging immer wieder alte Klischees der handwerklichen Tätigkeit in den Fokus zu rücken, gerade so, als hätte es in den Handwerksbetrieben in den letzten 50 Jahren keine Veränderungen gegeben.
Im Handwerk redet man von Handwerkskunst, individueller Leistungserbringung, von Materialien, Technologien, Kalkulationen, Angeboten und Geld, hin und wieder von den Gesellen und den immer schwächeren Azubis, aber doch bitte nicht vom Seelenzustand des Meisters und dessen Angestellten. Solche Diskussionen sind etwas für „Weicheier“, für Schreibtischtäter. Ein ordentlicher Handwerker kennt keinen seelischen Schmerz. Er schüttelt sich kurz und rennt zur nächsten Baustelle.
Ist das wirklich so?
Die Technische Universität München, hat nun in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Deggendorf und der Handwerkskammer die psychische Belastung im Handwerksbetrieb untersucht und festgestellt, „die psychische Belastung der Handwerker ist hoch. In den untersuchten Betrieben hatten 34 Prozent der Mitarbeiter ein ‚Burnout-Risiko‘“, sagte Stephan Gronwald, Professor an der TH Deggendorf.

Die Ursachen liegen auf der Hand.
Handwerksbetriebe sind längst in der Neuzeit angekommen, die Probleme bei der Anwendung neuster Technologien, die Fachkräfteproblematik, der demografische Wandel, aber auch die Intensivierung und Beschleunigung der Kommunikation durch digitale Medien und die wachsende Vernetzung und Globalisierung haben vor dem Handwerk logischer Weise nicht halt gemacht und bestimmen den Alltag, so wie in anderen Branchen auch.
Starke Physische Belastungen über längere Zeiträume können Menschen relativ unbeschadet überstehen. Nach der körperlichen Regenerierung, eventuell einen Muskelkater oder ein paar Gliederschmerzen, die rasch vergehen, ist wieder alles in Ordnung.
Für starke psychische Belastungen, wie sie heute auftreten, ist das menschliche Gehirn und Sitz der Seele nicht ausgelegt. Die Schmerzen, die hier entstehen können, vergehen weder schnell noch nachhaltig. Die Symptome sind vielfältig – aber vor allem, suchen wir sie keinesfalls im psychischen. Denn wer psychisch „angeknackst“ ist, gilt als schwach und man sagt, „hab dich nicht so, so schlimm kann’s doch nicht sein“.

Welche Symptome sind das nun, die auf psychische Erkrankungen hinweisen können:

Schlafstörungen
Gereiztheit
Nervosität
Vergesslichkeit
Abgeschlagenheit
Antriebs- und Lustlosigkeit
Magendruck
Sodbrennen
Durchfall
Potenzstörung, etc.
also alles Erscheinungen, die einem „gesunden“ Menschen fern sind.

Für all diese Beschwerden kennt der Arzt wirkungsvolle Medikamente.
Doch wenn die Beschwerden aufgrund psychischer Belastungen entstanden sind, werden die Symptome sicherlich durch Medikamentierung kurzfristig beseitigt, die eigentlichen Probleme bleiben jedoch bestehen.
Die Ursachen psychischer Belastungen sind eine hohe unangenehme, andauernde Arbeitsintensität, auch Dysstress genannt, hohe Unsicherheit, ungelöste und/oder unlösbare Probleme und Konflikte, dienstliche wie auch private, Kommunikationsdefizite und kognitive Dissonanzen.

Menschen, die psychisch „angeknackst“ sind, sind weder schwach noch haben sie an ihren Zustand eine „Eigenschuld“. Vielmehr haben die widrigen Umstände, diese Erkrankungen hervorgebracht. Und diese Erkrankungen bedürfen einer zügigen, ärztlichen Behandlung.
Schon heute bleiben Mitarbeiter mit psychischen Problemen im Durchschnitt 32 Tage lang der Arbeit fern, Tendenz stark steigend.
Je länger die Erkrankungen „verschleppt“ werden, um so länger ist die Dauer der Ausheilung.
Sollte es den Inhaber des kleinen Handwerksbetriebes erwischen, der oft nicht über entsprechende Stellvertreter verfügt, kann die gesamte Existenz des Handwerksbetriebes in Gefahr geraten.

Was ist zu tun, um diese Gefahren abzuwehren?

Die zu ergreifenden Maßnahmen sind klar strukturiert:
1. Es wird eine Analyse der Ist-Situation durchgeführt und ermittelt, wie hoch die psychischen
Belastungen aller Mitarbeiter und der Führung ist.
2. Es wird analysiert, warum, wann und wie die Belastungen eintreten.
3. Die einzelnen Belastungen werden analysiert und kategorisiert.
4. Gemeinsam mit allen Beteiligten, wird ein Handlungsplan erstellt, der die Belastungsspitzen
suggestive minimiert.
5. Abläufe und Organisation werden optimiert, um psychische Belastungen generell zu senken.
6. Es wird kontrolliert, in wie weit die getroffenen Maßnahmen, die gewünschten Ergebnisse erzielen.
7. Es werden die Maßnahmen nachjustiert, die noch nicht den optimalen Nutzen erbrachten.
8. Die Maßnahmen werden fixiert, um einen nachhaltigen Nutzen zu gewährleisten.

 

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